Fragen und Diskussionen zur Ausgabe Edition Floeno 1220 und zu dem Phänomen Kombinationstöne
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tritona
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von tritona » Mi Mai 22, 2019 6:20 pm
Hallo,
in dem neuen Heft wird so getan, als wäre der Kombi-Bass real existierend.
Frau Prof. Geller schreibt aber in ihrem Buch
Praktische Intonationslehre auf Seite 16 unten:
…Sie entstehen – wie auch die Differenztöne – durch nichtlineare Verzerrungen im Innenohr, ein Mechanismus, der den Verzerrungen vergleichbar ist, die bei der Musikwiedergabe durch einen schlechten Verstärker entstehen
Also gibt es diese Töne gar nicht in der Realität?
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Flötist
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von Flötist » Mi Mai 22, 2019 6:26 pm
Was ist real? Bilden Wahrnehmungen die Realität ab? Entstehen nicht alle Töne eh erst im Gehirn? Gibt es überhaupt Töne, wenn es keinen gibt, der sie hört?
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tritona
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von tritona » Mi Mai 22, 2019 6:28 pm
Puh, das ist mit jetzt zu philosophisch!! So war es nicht gemeint.
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Adrian
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von Adrian » Mi Mai 22, 2019 6:41 pm
Liebe tritona,
die Kombinationstöne sind selbstverständlich real, wie auch die gespielten Töne. Sie entstehen durch Überlagerung der beteiligten Frequenzen. Das Resultat ist ein periodisches Schallereignis = ein Kombinationston. Es gibt einen schönen Versuch aus dem Physikunterricht: aus einem Lautsprecher kommt ein für unser Ohr nicht hörbarer Ton mit z.B. 24'000 Hz, aus einem anderen Lautsprecher ein anderer mit 22'000 Hz. Man hört einen Ton mit der Frequenz 2000 Hz. das ist die Differenz aus 24'000 - 22'000. Ein Kombinationston. Und noch ein Beweis für die Realität der Töne: Du kannst die Trios zu zweit aufnehmen. Beim Abspielen hörst Du das ganze Trio inklusive Kombibass.
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Maria
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von Maria » Mi Mai 22, 2019 6:47 pm
Was, meine Ohren sollen wie ein schlechter Verstärker sein, der verzerrt?

Grässliche Vorstellung! Wer denkt sich denn so was aus?
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Flötist
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von Flötist » Mi Mai 22, 2019 6:53 pm
Vermutlich hat das Frau Prof. Geller von wissenschaftlichen Publikationen übernommen, die von Akustikern, Medizinern oder anderen Nichtmusikern stammen. Diese Meinung dürfte veraltet sein und ist eh für Musiker irrelevant. Das Ohr ist ein wunderbares Geschenk der Natur und völlig ohne Mängel.
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tritona
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von tritona » Mi Mai 22, 2019 7:22 pm
Adrian hat geschrieben: ↑Mi Mai 22, 2019 6:41 pm
Du kannst die
Trios zu zweit aufnehmen. Beim Abspielen hörst Du das ganze Trio inklusive Kombibass.
Das widerspricht dem, was in dem Intonationslehrebuch auf Seite 33 steht: man könne Differenztöne nicht auf Tonträger aufnehmen.
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Adrian
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von Adrian » Mi Mai 22, 2019 7:33 pm
Da irrt Frau Geller! Ich habe ihr Buch auch gelesen und finde das ganze Kapitel über Differenztöne nicht zeitgemäß. Das gilt ebenso für die Ausführungen über Residualtöne auf Seite 17. Aktueller und lesenswert ist das Buch von Frau Dr. Lohri, erschienen im Schott-Verlag
https://schott-campus.com/kombinationst ... rzo-suono/. Sie schreibt über Kombinationstöne mit der Geige, aber berücksichtigt leider nicht den Kombinationstoneffekt bei Bläsern, der sich von dem bei Streichern etwas unterscheidet.
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tritona
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von tritona » Do Mai 23, 2019 1:40 pm
Hallo Adrian,
du äußerst dich kritisch über den Absatz über Residualtöne. Was stimmt da deiner Meinung nach nicht?
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Adrian
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von Adrian » Do Mai 23, 2019 4:56 pm
Sie schreibt in dem Absatz über den "Missing fundamental"-Effekt. Das heißt, dass ein Ton auch dann wahrgenommen wird, wenn nur dessen Obertöne vorhanden sind. Das kann man elektronisch simulieren, indem man in einem synthetischen Klang mit Obertönen den eigentlichen Grundton löscht. Jetzt bilden aber benachbarte Obertöne immer als Differenzton den Grundton. ƒ sei die Frequenz des Grundtones, dann gilt für die Differenztöne:
3ƒ – 2ƒ = ƒ
4ƒ – 3ƒ = ƒ
5ƒ – 4ƒ = ƒ
6ƒ – 5ƒ = ƒ
u.s.w.
Auch wenn der Grundton nicht gespielt wird, erklingt er mehrfach verstärkt aufgrund der Differenztöne. Wenn also Differenztöne real sind, dann auch diese.
In diesem Zusammenhang erwähnt sie ein Phänomen beim Orgelbau Eine offene 16’-Labialpfeife und eine gedackte 102/3’-Labialpfeife (Quinte) ergeben zusammen als Differenzton einen Ton, der einer 32’-Pfeife entspricht. Damit spart man im Orgelbau viel Platz und Material. Der Ton ist real (aufnehmbar auf Tonträger) und wird als Orgelregister verwendet. Dies ist aber dasselbe Phänomen wie bei den Trios zu zweit. Es handelt sich um den Differenzton zweier Orgeltöne und nicht um viele Töne, die exakt im Abstand einer Naturtonreihe sind, Also geht es hier nicht um den "Missing fundamental"-Effekt.